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Die Fallstricke der betrieblichen Altersvorsorge verstehen

Geschrieben von Sven Stopka | 08. Juni 2015

6 Gründe warum eine betriebliche Altersvorsorge problematisch sein kann

In meiner täglichen Arbeit, begegnen mir fast täglich Mandanten die eine betriebliche Altersvorsorge (bAV) abgeschlossen haben. Doch rechnet sich ein solcher Vertrag überhaupt? Welche Fallstricke gibt es?

Eines der wichtigen Kriterien ist die gewählte Vertragsform. Häufig werden und wurden klassische Lebens- oder Rentenversicherungen abgeschlossen. Doch hier sei anzumerken, dass diese Vertragsformen, seit 2012, mit einer geringen Garantieverzinsung versehen sind. Gab es im Jahr 2000 noch eine Garantieverzinsung von 3,25 %, waren es 2012 nur noch 1,75 % und der aktuelle Stand beträgt lediglich 1,25 % Garantieverzinsung. Abzüglich der Verwaltungskosten und gegebenenfalls Vertragsstückkosten. Somit kann nach Kosten eine Garantieverinsung von unter 1 % dein Geld mehren.

In den letzten Jahren haben sich mehr und mehr fondsgebundene Produkte im Markt etabliert. Auch hier gilt es die Augen offen zu halten. Die mit dem Vertrag eingekauften Fondsanlagen sind in der Wertentwicklung nicht transparent messbar, da die enthaltenen Kosten kaum bis garnicht zu messen sind. Auch wenn Versicherungen dazu übergegangen sind, sogenannte Kickbacks anteilig an ihre Kunden auszuzahlen, gibt es viele weitere Kostenpunkte wie die TER, Transaktionsgebühren, Performance Fees und mehr, die eine Rendite einschränken. Teilweise werden Fonds technisch geklont und mit höheren Kosten versehen, was die Betrachtung noch weiter erschwert.

Als Vertragsarten gibt es weiterhin reine Fondspolicen, Hybridmodelle  (2-Topf und 3-Topf) und sogenannten Variable Annuities. Diese ganzen Arten der Anlageformen können selbst die Vermittler nicht zu 100 % durchschauen. Wie soll man dies dann dem Verbraucher korrekt erklären können?

Bei den Beitragshöhen besteht aktuell die Möglichkeit bis zu 4 % der Beitragsbemessungsgrenze der Deutschen Rentenversicherung (West) (06.2015 sind das 242 € monatlich bzw. 2904 € jährlich) steuer- und sozialversicherungsfrei in eine betriebliche Altersvorsorge einzuzahlen. Besteht keine alte Zusage nach §40b EStG. können zusätzlich 1800 € steuerfrei angespart werden. Auf diese 1800 € sind jedoch die vollen Sozialabgaben zu leisten, auch im Rentenalter. Somit kommt es zu einer Doppelbelastung, gerade zum Stichwort Krankenversicherung.


Welche Fallstricke gibt es außerhalb der Vertragsart

Fallstrick 1: Hochrechnung
In vielen Hochrechnungen werden dem Kunden horrende Ablaufleistungen präsentiert. Hier sollte man genau hinsehen, ob diese Hochrechnung auf Basis vor oder nach Kosten berechnet ist. Des Weiteren sind diese ausgewiesenen Werte reine Bruttowerte. Hiervon gehen noch Steuer- und Sozialversicherungsbeiträge herunter, siehe Fallstricke 3 und 4.

Fallstrick 2: Abschlusskosten
Die bAV wird vom Vertrieb als sehr lukratives Produkt angesehen. Über eine einfache Story wird dem Kunden hochgerechnet, dass er mit wenig Aufwand einen großen Teil seiner Lücke im Alter schließen kann. Sehr schnell belaufen sich die Abschluss- , Verwaltungs- und Kapitalanlagekosten auf mehrere 10.000 €. Man beachte dabei den Zinseszinseffekt über die Jahre. Denn auch auf die staatliche Förderung wird eine Abschlussprovision bzw. Courtage bezahlt.

Fallstrick 3: Nachgelagerte Besteuerung
Die Rente muss in der Bezugsphase zu 100 % nachgelagert versteuert werden. Viele Vermittler argumentieren, dass der Steuersatz im Alter geringer ist als heute. Doch trifft dies wirklich zu?

Fallstrick 4: Kranken- und Pflegeversicherung
Personen die in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind müssen die erhaltene Rente voll zur Berechnung der Kranken- und Pflegeversicherung unterwerfen. Das die Beiträge in den nächsten Jahren und Jahrzehnten sinken ist eher unwahrscheinlich, oder?
Bei der Wahl einer Kapitalabfindung wird der Auszahlungsbetrag fiktiv auf 10 Jahre und die Krankenkassenbeiträge auf 120 Monate verteilt. Sehr schnell sind somit rund 1/5 der Summe weg.

Fallstick 5: keine Möglichkeit zur freien Vererbung
Das Guthaben in der bAV kann nicht frei vererbt werden. Ist die versicherte Person nicht verheiratet, wird im Todesfall maximal ein Sterbegeld von 8000 € ausgezahlt. Über den Rest freut sich die Versichertengemeinschaft. Diese Summe erhöht dann die Risikogewinne des Unternehmens.

Fallstrick 6: lebenslange Bindung
Gerade in jungen Jahren möchte man sich ungern lange an einen Vertrag binden. Hinzu kommt, dass sich die Umstände doch schnell ändern können wie z.B. Heirat, Kinder, Erwerb von Eigentum etc. Die bAV ist nicht sehr flexibel. Eine Beitragsfreistellung ist i.d.R. jederzeit möglich, nur fallen dann noch Verwaltungskosten und ggf. Kapitalanlagekosten an.


Empfehlung:

Lasse dich nicht von den Zahlen in den Hochrechnungen blenden. Diese Hochrechnungen sind oft für den (einfachen) Verkauf gedacht. Viele Berechnungen sind zudem nicht vollständig, da wichtige Punkte nicht berücksichtigt werden.

Ein Tipp: Schaue dir die Übertragungswerte im Beitragsverlauf an. Da die meisten Verträge ihre Kosten nach dem sogenannten Zillmerungsverfahren auf die ersten 5 Jahre verteilen, darf da auch ein kleines Minus stehen. Bist du unsicher? Dann wende dich bitte an einen Honorarberater, der dir eine Vertragsanalyse anfertigen kann. Ebenfalls kann dieser die eventuell enthaltenen Fondsanlagen auf Effizienz analysieren. Es ist möglich einen zu Beginn ineffizienten Vertrag mit wenigen handwerklichen Handgriffen in eine rentable Anlage zu verwandeln.