Wenn Fehler in der Anlageberatung passieren, kann das für deine Kapitalanlage fatale Folgen haben. Hast du das Gefühl, du bist falsch beraten worden und möchtest wissen, ob und was du dagegen unternehmen kannst? In diesem Beitrag geht es um die rechtlichen Parameter bei der Anlageberatung und welche Möglichkeiten du hast, zu prüfen, ob die Schuld des Verlusts bei deinem Berater liegt.
In der täglichen Arbeit als Honorar-Anlageberater kommen Mandanten auf mich zu, dessen Kapitalanlage ein Reinfall war. Sie möchten wissen, ob sie etwas dagegen unternehmen können. Um juristische Fragen dazu klären zu können, habe ich heute einen Gast bei mir im Interview. Hendrik ist Fachanwalt für Kapitalmarkt- und Bankrecht. Er vertritt überwiegend Verbraucher und wird dir heute ein paar Hinweise dazu geben, wie du eine gute Beratung von einer schlechten unterscheiden kannst. Außerdem erklärt er, was du im Falle einer Falschberatung unternehmen kannst.
Im Nachhinein ist man immer schlauer. Man muss sich fragen, ob man den Verbrauchern manchmal eine Mitschuld daran geben kann, wenn die Kapitalanlage in einem Totalverlust endet. Oder liegt die Schuld oft tatsächlich doch aufseiten des Anlageberaters und was sind mögliche Gründe?
Hendrik: Juristisch ist es so, dass die Mitschuld in fast jedem Rechtsstreit der Beraterseite vorgehalten wird. Oft ist es so, dass sich Kunden im Vertrauen auf die Ordnungsgemäßheit der Anlageberatung verlassen und blind Verträge unterschreiben. Wenn man das glaubhaft und nachvollziehbar darlegen und mit Zeugen untermauern kann, ist durchaus zu beweisen, dass das Verschulden nicht auf der Mandantenseite liegt.
Durchaus habe ich in vielen Fällen das Gefühl, dass gerade im Bereich grauer Kapitalmarkt und geschlossene Fonds einige Berater der hohen Provisionen wegen Anlageprodukte empfehlen, die nicht für den Kunden geeignet sind. Manchmal ist aber auch unklar, ob der Anlageberater wirklich wissentlich falsch berät und Risiken unerwähnt lässt oder, ob er das aus Unwissenheit macht. Provisionsinteressen sind letztlich oft ein Grund dafür, dass falsch beraten wird, ja.
Daher würde ich mich immer an einen Honorarberater wenden, weil Provisionen und Rückvergütungen sehr intransparent sind. Wenn der Berater keine Provision im Hinterkopf hat, kann er deutlich besser und unabhängiger beraten.
Im Zuge einer Anlageberatung zu Investmentfonds fallen häufig Kickback-Provisionen an. Kunden werden aber oft nicht über Kickback-Provisionen aufgeklärt. Sie werden dann in der Dokumentation irgendwo ganz klein aufgeführt, aber kaum jemand liest und versteht das alles. Muss die Bank Kickbacks explizit hervorheben?
Hendrik: Kickbacks sind Rückvergütungen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist es schon länger so, dass ein Bankkunde grundsätzlich darauf vertrauen darf, dass er bei der Anlageberatung über Rückvergütungen aufgeklärt wird. Wenn das nicht passiert, ist das ein klassischer Beratungsfehler. Bei einer guten Anlageberatung werden Kickbacks erstmal mündlich erwähnt und dann werden schriftlich die entsprechenden Risikohinweise und Erläuterungen durchgegangen. Die Praxis sieht meist leider anders aus. Nach dem Smalltalk werden dann schnell Kreuzchen gesetzt und die Kickbacks verstecken sich im Kleingedruckten. Der Kunde unterschreibt aber, dass er aufgeklärt wurde. Ein klassischer Fall, bei dem es schwer ist, der Bank eine Falschberatung nachzuweisen.
Aufgrund der Corona-Krise schießen derzeit wieder vermehrt Goldanbieter wie Pilze aus dem Boden. Worauf wollte man bei Goldanlagen und Beratungsgesprächen achten?
Hendrik: Ich hatte seinerzeit mit der BWF-Stiftung zu tun. Ausnahmsweise war ich in diesem Fall für die Seite des Beraters tätig. Der Fall ist ein gutes Beispiel dafür, dass der Anlageberater gar nicht wusste, was er verkauft hat. Er hat sich das Unternehmen angeguckt und ihm wurde Gold in die Hand gedrückt, was eigentlich aber nur angesprühtes Metall war. Es ist, wie gesagt, wichtig, immer kritisch hinzusehen.
Kauft euch Gold im Handelshaus und nicht bei dubiosen Unternehmen. Wer Gold mag, kann sich das auch in den Tresor legen. Aber Firmen, die vorgaukeln, damit Gewinne erwirtschaften zu können, sollte man sehr kritisch hinterfragen. Im Falle dieser Stiftung hat die Rechtsprechung gesagt, wenn man den Prospekt wirklich mit Sinn und Verstand gelesen hätte, dann hätte man erkannt, dass das ganze Geschäftsmodell gar nicht aufgehen kann.
Die sogenannten Schrittimmobilien wurden in den 90er Jahren heiß gehandelt. Aber gerade vor dem Hintergrund der letzten Jahre sind Immobilien im Preis wieder gestiegen. Für Anlageberater ist es verlockend, hier schnelles Geld über Provisionen zu verdienen. Auch Pflegeimmobilien suggerieren eine vermeintliche Sicherheit. Allerdings ist es bei Immobilien, wie bei vielen Kapitalanlagen auch. Jeder Markt schwankt in die ein oder andere Richtung. Und je nachdem, zu welchem Preis du kaufst, kann das eine gute oder schlechte Investition sein.
Hendrik: Oft wird den Leuten leider vermittelt, so eine Investition würde sich von selbst tragen. Mit der Mieteinnahme würde das Darlehen finanziert werden. Wenn man die Zahlen, Daten, Fakten mal genauer betrachtet, ist eher das Gegenteil der Fall. Du solltest genau hinsehen, was wurde versprochen, zu welchen Konditionen? Mit welchem Betrag muss man monatlich rechnen? Welche Kosten kommen tatsächlich noch hinzu?
Kapitalanlagen über Lebens- und Rentenversicherung werden heute, seit dem Urteil des Landgerichts Hamburg, auch als legaler Betrug bezeichnet. Oft kommen versprochene Überschüsse und Renditen nicht beim Verbraucher an. Viele schichten daher beispielsweise um in geschlossene Fonds.
Hendrik: Hier sollte der Anlageberater aufklären. Auch wenn eine Lebensversicherung vielleicht nicht optimal ist, das Geld ist verhältnismäßig sicher. Wenn ich in einen geschlossenen Fonds umschichte, gibt es erhebliche Risikoerhöhungen, auf die dringend hingewiesen werden muss.
Meine Dienste werden diesbezüglich abgerufen, wenn in einer Anlageberatung einem Arzt oder einer anderen nicht förderfähigen Person die Riesterrente empfohlen wird. Gewisse Personengruppen sind nicht förderfähig. Hier handelt es sich dann klar um eine Falschberatung.
Tilgungsersatzleistungen in der Lebensversicherung sind auch ein kritischer Punkt, über den umfangreich beraten und aufgeklärt werden muss, was oft leider nicht passiert. Bausparen ist das Geschäftsmodell, welches noch am häufigsten diesbezüglich verwendet wird. Das hat den ein oder anderen Vorteil, besonders, wenn man die Zinsen steuerlich geltend machen kann. Aber es gibt auch immer Risiken. Man muss im Einzelfall alle Vor- und Nachteile gegeneinander abwägen, um zu einem guten Ergebnis zu gelangen.
Wie sind Anlageberatungen und -vermittlungen im Kapitalanlagebereich zu differenzieren?
Hendrik: Verbraucher, die beraten wurden, gehen erstmal grundsätzlich davon aus, dass eine Anlageberatung stattgefunden hat. Wenn ich Nachfragen stelle, wird aber oft klar, dass es eine Anlagevermittlung war.
In einer Anlageberatung klärt der Berater grundsätzlich erstmal ab, mit welcher Art von Kunde er es zu tun hat. Welches Einkommen hat der Anleger? Welches Vermögen hat er? Welche Verpflichtungen? Wie gestaltet sich seine Zukunft? Wie sieht die Risikoneigung des Anlegers aus? Was sind die Anlageziele? Erst in einem zweiten Schritt wird dann eine Kapitalanlage empfohlen, die zum jeweiligen Anleger passt.
In der Anlagevermittlung geht es mehr um die Anlage selbst. Du kannst natürlich mitteilen, dass du eher konservativ bist, sicher anlegen willst und auf Kapitalerhalt wert legst. Wenn aber die Einkommensverhältnisse nicht sicher geklärt wurden, kann es trotzdem sein, dass eine Anlagevermittlung stattgefunden hat.
Grundsätzlich klärt der Anlageberater Anlageziele detailliert ab. In der Anlagevermittlung geht es mehr um die Kapitalanlage, die vorgestellt wird. Aber auch bei der Vermittlung hat der Berater durchaus weitreichende Pflichten.
Bist du mit deiner Kapitalanlage ins Fettnäpfchen getreten und hast das Gefühl, der Fehler lag beim Anlageberater? Wo kannst du ansetzen, um eventuell rechtliche Schritte einzuleiten? Hendrik klärt auf.
Hendrik: Dies sind die zwei Punkte, die im Rahmen der Anlageberatung erfüllt sein müssen.
Anlegergerechte Beratung bedeutet, Punkte wie Einkommen, Vermögen etc. müssen geklärt werden und auf Basis dessen empfiehlt der Berater eine Kapitalanlage, die auf diese konkrete Person zutrifft.
Anlagegerechte Beratung oder auch objektgerechte Beratung setzt voraus, dass der Anlageberater konkret angibt, mit welchen Vor- und Nachteilen, Risiken und Eigenschaften diese Kapitalanlage verbunden ist.
Jeder Punkt, der nicht richtig dargestellt wird, obwohl er wesentlich ist, ist ein potenzieller Beratungsfehler. Beispielsweise bei geschlossenen Fonds gibt es so 2 bis 3 klassische Beratungsfehler:
Wenn nicht über ein Totalverlustrisiko aufgeklärt wurde,
Wenn nicht über die fehlende Fungibilität aufgeklärt wurde, also dass man diese Anlage nicht wie eine Aktie jeden Tag loswerden und verkaufen kann.
Wenn nicht über die Kommanditistenhaftung nach dem HGB aufgeklärt wurde. Hat ein Anleger in den ersten vier, fünf Jahren Ausschüttungen bekommen, können diese von Insolvenzverwaltern im Fall des Falles wieder zurückgefordert werden.
Bei der Prospekthaftung geht es beispielsweise um die Unterlagen, die der Kapitalanlage zugrunde liegen. Wenn schon die schriftlichen Unterlagen nicht ordnungsgemäß sind, ist jede Beratung automatisch auch fehlerhaft. Hier liegen die Hürden in der Rechtsprechung sehr hoch und man hat damit meistens keinen Erfolg. Ich favorisiere es, im Detail zu prüfen, wo die einzelnen Beratungsfehler liegen.
Es gibt unzählige Arten von Investments. Es gibt Investmentfonds, Immobilienbeteiligungen über KG Modelle, Firmen-Beteiligungen, Nachrangdarlehen etc. Wo lauern die Gefahren und was wird häufig von den Verbrauchern in der Anlageberatung falsch verstanden?
Hendrik: Jede Kapitalanlage hat ihre Vor- und Nachteile. Ein guter Anlageberater muss bei jeder Kapitalanlage ordnungsgemäß aufklären können. Grundsätzlich liegen Fehler darin begründet, dass die meisten Kunden die Ausführungen des Beraters zu wenig kritisch hinterfragen und zu sehr auf die Ordnungsgemäßheit der Anlageberatung vertrauen.
Ich würde grundsätzlich den Tipp geben, nichts abzuschließen, das du nicht verstehst.
Schließe eine Kapitalanlage auch niemals im ersten Beratungsgespräch ab.
Höre dir alles an, was der Berater sagt, lasse dir umfangreiche Unterlagen mitgeben, recherchiere selbst über Suchmaschinen im Internet, setze dich selbstkritisch mit dem Thema auseinander und wenn du anschließend noch Fragen hast, trete nochmals an den Berater heran und unterzeichne erst dann.
Bringe eine zweite Person als Zeugen zum Beratungsgespräch mit. Das erhöht die Erfolgsaussichten in einem Prozesse ungemein.
Lasse eine Dokumentation erstellen, welche von allen Beteiligten und Zeugen unterschrieben wird.
Lasse dich nicht unter Zeitdruck setzen.
Es ist grundsätzlich zwischen zwei Verjährungsfristen in der Anlageberatung zu unterscheiden:
Hendrik: Sehr ärgerlich für mich und die Anleger. Zehn Jahre, taggenau nach Zeichnung, sind alle Ansprüche, die ich einem Anlageberater, Prospektverantwortlichen oder einer Gründungsgesellschaft gegenüber haben könnte, verjährt. Jede Prüfung ist Zeitverschwendung, wenn diese Frist überschritten wurde.
Deutlich schwieriger zu bestimmen für den Anlageberater, aber oftmals ausreichend, ist diese Verjährung. Die Rechtsprechung ist hier grundsätzlich sehr großzügig. Das heißt, jeder Beratungsfehler verjährt innerhalb von drei Jahren ab Kenntnis des Beratungsfehlers.
Bei geschlossenen Fonds in etwa gibt es im Wesentlichen drei Risiken, die die höchste Aussicht auf Erfolg im Prozess haben. Die fehlende Fungibilität, das Totalverlustrisiko und die Rückforderung von Ausschüttungen. Wenn der Anleger erahnen konnte, dass erhebliche wirtschaftliche Risiken bestehen, kann zumindest die Pflichtverletzung hinsichtlich der Aufklärung über das Totalverlustrisiko verjährt sein, wenn er zumindest grob fahrlässige Unkenntnis von dem Beratungsfehler hat.
Aus vielen Geschäftsberichten ist etwa herauszulesen, dass die Insolvenz bevorsteht. Das Geld droht, verloren zu gehen. Dadurch weiß der Anleger aber noch nicht, dass möglicherweise Ausschüttungen zurückgefordert werden können. Diesen Beratungsfehler kann ich dann geltend machen.
Hast du die Vermutung, dass deine Anlageberatung fehlerhaft war, zögere nicht und gehe zu einer Beratung. Lasse dich nicht vom Anlageberater hinhalten. Bei Fragen oder Zweifeln, konsultiere einen Rechtsanwalt, der sich in dem Bereich auskennt.
Hendrik: Mit einer Rechtsschutzversicherung kann man natürlich viel mehr geltend machen, als ohne. Hast du keine Rechtsschutzversicherung und es steht letztendlich Wort gegen Wort, weil die Anlageberatung mündlich und ohne Zeugen stattgefunden hat, trägst du ein Prozesskostenrisiko. Dann hast du als Anleger eventuell über zwei Instanzen Gerichtskosten, Rechtsanwaltskosten meinerseits und Rechtsanwaltskosten des Gegners zu tragen. So ein Prozess birgt erhebliche Risiken, über die ich aufkläre, um die Mandanten nicht in einen zweiten Schadensfall zu reißen.
Bist du als Anleger bereits auf die Nase gefallen und denkst, dass der Fehler in der Anlageberatung lag? Dann kontaktiere Hendrik und vereinbare einen Termin. Oft gibt es auch andere Lösungsansätze, als gleich den Anlageberater zu verklagen. Eine Erstberatung liegt bei ungefähr 190 € netto. Entsteht ein Mandat, wird dieser Betrag verrechnet.
Vielen Dank für die Zeit, die du dir genommen hast. Wenn du Hörer meines Podcasts bist, freue ich mich über eine Rezension bei iTunes und über dein Teilen und Empfehlen meiner Kanäle bei Freunden, Bekannten und Familie. Folge mir auf Facebook, wo wir uns näher zum Thema austauschen können. Mehr zu mir findest du auch auf Instagram und LinkedIn. Ich hoffe, ich konnte dich heute dazu animieren, dich mit deinem Investment zu beschäftigen. Bis zum nächsten Mal,
dein Sven Stopka