Altersvorsorge: Rentenversicherung oder Investmentdepot?

Lesezeit: 5 min
13. Mai 2019

In diesem Beitrag erkläre ich dir zwei Möglichkeiten der Altersvorsorge: die Rentenversicherung und das Investmentdepot. Ich zeige dir die Vor- und Nachteile beider Optionen auf und gebe dir damit eine Entscheidungshilfe an die Hand.

Deutschland – Land der Versicherungen

Aktuell gibt es in Deutschland etwas über 90 Millionen Rentenpolicen – bei rund 80 Millionen Einwohnern. In den letzten Jahren hat insbesondere die Rentenversicherung aufgrund von einzelnen Mechanismen der Politik immer mehr an Bedeutung gewonnen. So werden sie aktuell wie geschnitten Brot verkauft, im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge, der Riester-Rente oder auch sogenannte Basisrenten.

Ist die Rentenversicherung aber wirklich die beste Form der Altersvorsorge?


Rentenversicherungen

Kosten

Jede Renten- oder Lebensversicherung hat Abschlusskosten, die sich auf 2,5 bis 4 % belaufen. Hinzu kommt, dass jedes Jahr mit einer Dynamik neue Abschlusskosten anfallen, die dir bei Abschluss nicht bewusst sind.

Des Weiteren hast du Verwaltungskosten für den Versicherer und die Kosten auf der Kapitalmarktebene sowie die Risikokosten.

Bei den Versicherungskosten gibt es häufig Produkte, die Kosten auf das verwaltete Kapital und Fixkosten berechnen.


Steuervorteile

Einer der häufigen Gründe, warum eine Rentenversicherung gewählt wird, ist das Argument der Steuervorteile. Steuervorteile sollten aber nie ein Grund sein, weshalb du dich für ein Produkt entscheidest, denn dieser kann dir von jetzt auf gleich genommen werden.

Was bringt es dir, wenn du ein Steuervorteil auf eine Auszahlung bekommst, die aufgrund der massiven Abschluss- und Verwaltungskosten deutlich geringer ausfallen wird, als bei einem Depot? Daher solltest du die Kosten und Steuervorteile immer in einer Linie sehen.


Auswahl der Anlagemöglichkeiten

Ein weiterer wichtiger Punkt bei Versicherungen ist, dass du häufig eine eingeschränkte Auswahl der Anlagemöglichkeiten hast. Die Versicherer geben dir vor, welche Fonds monatlich bespart werden können. Die Fonds können auch jederzeit ausgetauscht werden.

Entsprechend musst du bitte in das Bedingungswerk schauen und prüfen, wie es dort vereinbart ist, wenn der Versicherer diesen Fonds nicht mehr anbieten sollte. Ist dieser dann noch für den Bestandskunden offen oder wird er auch für den Bestandskunden geschlossen?

Sollte der Fonds aus der Auswahl herausgenommen werden, bieten die Versicherer dir in der Regel Möglichkeiten an. Jedoch musst du dort im Bedingungswerk genau schauen, wie das mit einem Folgefonds aussieht.

Die Anbieter haben inzwischen natürlich auch gemerkt, dass immer mehr Anleger ETFs haben möchten. Es gibt mittlerweile sehr viele Versicherer, die ETFs in das Portfolio aufgenommen haben. Jedoch sind die Auswahlmöglichkeiten dort sehr beschränkt.

Viele Versicherer haben Portfolien oder Fonds aufgelegt. Dort hast du einen entscheidenden Nachteil: Du kannst nicht in die Anlagementalität eingreifen. Das heißt, es wird von oben reglementiert, wie investiert wird. Natürlich kannst du jedoch in einem gewissen Rahmen einzelne Positionen nicht austauschen.

Meine Empfehlung: Stelle dir daher selbst ein Portfolio aus mehreren Fonds zusammen, die genau deiner Risikoneigung und deinem Anlagehorizont entsprechen. Achte bitte darauf, dass du auch Fonds mit der richtigen WKN bekommst. WKN steht für Wertpapierkennnummer. Es gibt durchaus auch Beispiele im Markt, bei denen die Fonds gespiegelt werden. Das heißt, du glaubst, den Fonds A zu kaufen, kaufst aber faktisch einen anderen Fonds, weil dieser eine komplett andere Wertpapierkennnummer hat. Das kannst du ganz einfach überprüfen: Gehe ins Internet auf www.fondsweb.com und gebe deinen Fonds ein. Suche dir dort die WKN heraus und vergleiche sie mit dem Angebot oder deinem Vertrag.


Einmalzahlung oder lebenslange Rente?

Bei der Ablaufleistung einer Rentenversicherung musst du dich zwischen einer Einmalzahlung, einer Rente oder einer Mischung aus beidem entscheiden. Wenn du das Privileg 1262 erfüllst – das bedeutet, der Vertrag läuft zwölf Jahre und du bist bei Auszahlung mindestens 62 Jahre alt – dann hättest du einen Steuervorteil, indem du nur die Hälfte der Gewinne versteuern musst.

Das ist zwar schön und gut, jedoch wie eingangs erklärt, musst du das immer ins Verhältnis setzen. Was wäre gewesen, wenn du ohne die Kosten auf Versicherungsebene das Ganze investiert hättest? Hättest du mehr oder weniger Kapital und wie viel ist es dann nach Steuern wirklich gerechnet? Und mach dir bitte eines bewusst: Ein Versicherer wird dir nichts schenken.

Es gibt das Märchen der lebenslangen Rente. Das ist soweit auch richtig, dass die Versicherer dir eine lebenslange Rente bezahlen. Jedoch wird kein Versicherer Geld drauflegen.

Die Versicherer werden nach einem Vorsichtsprinzip kalkulieren und es gibt bei den fondsgebundenen Produkten einen sogenannten Rentenfaktor. Prüfe daher, ob dieser zu 100 %, zu 85 % oder vielleicht gar nicht garantiert ist.

Du hast bei der Angebotserstellung einer Hochrechnung erhalten. Diese Hochrechnung ist in der Regel zu 90 % falsch. Denn dort werden einige Kostenpositionen nicht berücksichtigt. Das Guthaben, das ab einer Entwicklung von 6 % entsteht, ist in der Regel höher, weil gewisse Kostenpositionen nicht berücksichtigt sind. Wenn du jetzt am Ende sagst: „Ich habe da z.B. 100.000 € Fondsvermögen liegen.“, dann würde dieser Wert mit Rentenbeginn verkauft werden. Es geht in den Deckungsstock des Versicherers und der Versicherer teilte jetzt jeden Monat eine gewisse Rente zu.

Jetzt kannst du dieses Guthaben nehmen und durch den Rentenfaktor rechnen. Das bedeutet, wenn du 100.000 € Kapital angesammelt hast, hast du einen Rentenfaktor von 25 € pro 10.000 € Guthaben, bedeutet, dass du im Monat 250 € Rente bekommst. Das heißt, bei 3.000 € Rente im Jahr und 100.000 € Kapital benötigst du 33,3 Jahre, um dein eingezahltes Geld plus den Wertzuwachs zu verrenten. Wenn Du mit 67 in Rente gehst, bist du dann also 100 Jahre alt.

Jedoch muss man sich die Frage ganz logisch stellen: Ist es realistisch, dass du 100 Jahre alt wirst und der Versicherer dir Monat für Monat vorgibt, was du von deinem Kapital bekommst?


Auszahlung der 
Rente

Wenn du in der Rentenphase bist, achte bitte darauf, was mit dem Versicherer vereinbart ist, wenn du versterben solltest. Es gibt dort in der Regel zwei Möglichkeiten: die Rentengarantiezeit und die Restkapitalisierung bei Tod.

Bei der Rentengarantiezeit hättest du beispielsweise mit 67 Jahren eine 13-jährige Rentengarantiezeit. Das heißt, die Rente würde bis zu deinem 80. Lebensjahr bezahlt werden. Würdest du mit 70 Jahren versterben, würden die Hinterbleibenden noch zehn Jahre weiter die Rente bekommen, danach ist Feierabend. Wer hat das Spiel gewonnen? Richtig, der Versicherer.

Die fairere Lösung ist die Restkapitalisierung bei Tod. Dort errechnet sich der Auszahlungsbetrag bei Tod aus dem Vertragsguthaben abzüglich der gezahlten Rente. Das ist schon eindeutig eine charmantere Lösung, jedoch bieten das nicht alle Versicherer an.


Depotbank

Kosten

Bei der Depotbank, die korrekterweise Kapitalverwahrstelle heißt, kannst du sehr kostengünstig ein Depot eröffnen. Das Depot kostet im Schnitt zwischen 25 bis 60 € im Jahr. Hinzu kommen noch die Transaktionskosten für Fonds. Diese liegen aber eher im Cent-Bereich und daher kannst du sie durchaus vernachlässigen.


Steuervorteile

Bei einer Depotlösung hast du keinerlei Steuervorteile. Jedoch kannst du einen Freistellungsauftrag stellen. Als ledige Person hast du 801 € im Jahr frei, für Ehepaare sind es 1.602 €.

Alles über diese jeweiligen Werte hinaus würde pauschal mit 25 % Abgeltungssteuer versehen werden, plus Solidaritätszuschlag. Das bedeutet in der Summe dann 26,375 %, plus eventuelle Kirchensteuer, falls du in der Kirche bist, und je nach Bundesland 8 oder 9 %.


Auswahl der Anlagemöglichkeiten

Bei der Depotbank hast du einen eklatanten Vorteil gegenüber den Rentenversicherungen: Du kannst in das komplette Fonds-Universum investieren. Natürlich hat auch nicht jede Depotbank jeden Fonds im Anlageportfolio. Du kannst jedoch im Vorfeld bei der Depotbank nachfragen, ob die Fonds, die du sparen möchtest, dort verfügbar sind. Wenn das nicht der Fall ist, kannst du auch gerne anfragen, ob dieser Fonds aufgenommen wird. Depotbanken sind nämlich durchaus bereit, Fonds auf Kundennachfrage ins Portfolio aufzunehmen.


Auszahlung der Rente

Es gibt häufig die Aussage: „Ich kann ja kein Depot eröffnen und dort investieren, denn ich habe am Ende keine monatlich garantierte Rente.“ Ja, das stimmt. Jedoch hast du einen nach meinem Dafürhalten ganz großen Vorteil: Du kannst deine Rente selbst bestimmen.

Beim Versicherer gibt es diesen Rentenfaktor, der dir vorschreibt, wie viel du von deinem Kapital Monat für Monat ausgezahlt bekommst. Bei einem Depot kannst du aus dem Einzahlprozess ein Ausfallprozess machen. Diesen Ausfallplan kannst du individuell gestalten.

Du kannst auch in der Auszahlungsphase noch komplett im Kapitalmarkt investiert bleiben, was beim Versicherer in der Regel nicht funktioniert. Das bedeutet für dich am Ende, dass du auch in der Rentenphase durchaus noch am Kapitalmarkt partizipieren kannst, was beim Versicherer nicht der Fall ist.

In der Auszahlungsphase zahlst du nur die Steuern auf die dann realisierten Gewinne. Das heißt, du hast einen Freistellungsbetrag von 801 € bzw. 1.602 € und alles darüber hinaus würde pauschal mit 25 % Abfindungssteuer plus Solidaritätszuschlag versehen werden.

Natürlich können in der Rentenphase noch Kursgewinne entstehen, die natürlich entsprechend versteuert werden müssen. Das ist in der Regel deutlich günstiger.

Was man natürlich zusätzlich beachten muss: Die ganze Lage bei den Versicherern ist aktuell sehr ungewiss. Die Hälfte aller Versicherer steht unter Aufsicht, weil sie mittel- bis langfristig finanzielle Schwierigkeiten haben.

Ich wünsche dir eine erfolgreiche Woche. Bleibe gesund!

Bis nächsten Montag,

dein Sven Stopka

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